High-Tech-Strahlenbeschleuniger „True Beam“ von Varian

Badische Zeitung, Artikel vom 31. Januar 2017

Erstmals zwei Techniken in einem Gerät

Im Freiburger Zentrum für Strahlentherapie können Patienten ab sofort mit einer schonenderen Technologie behandelt werden.

 

„Legen Sie sich mal Ihre Hand auf die linke Brust und atmen Sie tief ein“, gibt Christian Weißenberger Anweisung, „und dann gucken Sie, was mit Ihrer Hand passiert.“ Die Hand – und darauf will der Leiter des Zentrums für Strahlentherapie in Freiburg hinaus – hebt sich samt Brustbein um gut fünf Zentimeter.
Befände sich jetzt ein Tumor in der Lunge, der von einem Strahl beschossen werden würde, träfe dieser Strahl beim Einatmen nicht den Tumor, sondern gesundes Gewebe. Senkt sich die Brust beim Ausatmen, ist wieder das Tumorgewebe im Visier des Strahls.

Dieses Problem ist in der Medizin schon lange bekannt. Dass der Mensch ein atmendes und damit sich bewegendes Wesen ist, erschwert das präzise Fokussieren der therapeutischen Strahlung.
Seit bald 15 Jahren gibt es daher die sogenannte atemgetriggerte Bestrahlung (respiration-gated radiotherapy). Dabei wird die Bestrahlung mit der Atmung synchronisiert.

„Der Patient steuert durch seinen Atem, ob die Maschine an oder aus ist“, erklärt Christian Weißenberger.
Das Krebsforschungszentrum in Heidelberg hat mit einer Computersimulation die Präzision dieser Methode bestätigt. Ein Vorteil, von dem vor allem Patienten mit Brustkrebs oder Lungenkrebs profitieren, da sich diese Tumoren am meisten mit der Atmung bewegen.

 

Ein weiteres Problem bei Bestrahlungen ist, dass Tumoren selten perfekt geformte kreisrunde Gebilde sind, die leicht erreichbar liegen. Statt dessen haben sie oft nicht klar definierte Ränder, sind oval oder bohnenförmig und verstecken sich in gesundem Gewebe, in oder an Organen. Die Herausforderung für die Strahlentherapeuten liegt darin, die Strahlen an den Tumor zu bringen und gleichzeitig das gesunde Gewebe so gut wie möglich zu schonen.

Ein wichtiges Verfahren dafür ist die sogenannte intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT). Damit kann die Strahlendosis hochpräzise angepasst werden. So muss zum Beispiel bei einem Kehlkopftumor der komplette Hals bestrahlt werden. Allerdings braucht der Tumor eine höhere Strahlenintensität als die benachbarten Lymphknoten. Mit feinen Lamellen aus Blei, die sich in den Strahl schieben, kann diese Feinjustierung erreicht werden.

Seit einigen Jahren ist es möglich, die IMRT rotierend anzuwenden. Dabei liegt der Patient auf einem Tisch, der sich automatisch in die ideale Position bringt, und das Gerät rotiert um ihn herum. „Rapid Arc“ heißt diese Technik, dynamische Rotationsbestrahlung. Dadurch haben sich die Behandlungszeit und damit die Strahlenbelastung für die Patienten deutlich verkürzt.

Sowohl die atemgetriggerte Bestrahlung als auch die dynamische Rotationsbestrahlung haben die Strahlentherapie schonender und besser verträglich gemacht. Jetzt gibt es zudem ein Gerät auf dem Markt, das diese beiden Methoden kombiniert. Eines von derzeit zwei in Deutschland steht im Zentrum für Strahlentherapie Freiburg. „Gated Rapid Arc“ heißt diese neue Technologie.

Zentrumsleiter Christian Weißenberger attestiert dem Linearbeschleuniger „eine nie dagewesene Präzision“. Vor allem Lunge und Herz würden damit noch besser geschont als bisher. „Bestrahlungen, die durch die aufwändige Technik früher vielleicht eine Dreiviertelstunde gedauert haben, schaffen wir mit dem neuen Gerät in ein bis zwei Minuten.“ cfr

 

Abdruck des Artikels vom 31. Januar 2017 mit freundlicher Genehmigung der Badischen Zeitung